Kühlflüssigkeitsverlust bei Saab 900

Viele in die Jahre gekommene Saab 900 neigen zunehmend dazu, Kühlflüssigkeit zu verlieren.
Über mögliche Ursachen, Wasserpumpe, Schraubverschluss, Zylinderkopfdichtung, zu wenig Frostschutzmittel, Kühlsystem abdrücken usw. hab ich mir in nachfolgendem Beitrag Gedanken gemacht.


Der Kühlkreislauf beim Saab 901 ist ein geschlossenes, bei betriebswarmem Motor unter ca. 1 atü Überdruck stehendem System, welches nur im Leckfalle Flüssigkeit verliert.
Will heissen, auf Dauer macht es wenig Sinn, einfach Wasser, bzw. Frostschutzmittel nachzukippen.
Damit beseitigt man auf Dauer keine Leck-Ursachen !

1. Schritt: Kühlwasserstand kontrollieren und ggf. bis zur Max-Markierung (nie höher, es MUSS immer ein mindestens daumenbreiter Luftraum noch oben im Gefäss verbleiben !) am Kühlflüssigkeitsbehälter auffüllen.

2. Schritt: Motor heissfahren bis Kühlwassertemperaturanzeige etwa Mitte Anzeigeinstrument steht.

Jetzt drückt ein Saabkenner bei heissgefahrenem (also Kühlsystem unter Druck) Motor den dicken, oberen Kühlerschlauch zwischen Kühler und Zylinderkopf mit Daumen und Zeigefinger zum Test fest zusammen; der Schlauch muss sich KNALLHART und prall anfühlen ! Falls nicht, ist vermutlich der Schraubverschlussdeckel (kommt sehr häufig vor !) des Kühlflüssigkeitsüberdruckbehälters oben links im Motorraum defekt. Dies führt bei Hitze zum Überkochen der Kühlflüssigkeit, was durch intakte, definierte Ventile im Schraubverschlussdeckel durch Aufbau des nötigen Gegendruckes verhindert/gesteuert wird.

Wer genau wissen möchte, wie es im Prinzip funktioniert, violà:

Der Siedepunkt von Wasser liegt auf dem Himalaya wegen des geringeren Luftdruckes bei ca. 70 Grad, auf Meereshöhe bei ca. 100 Grad.

Motore fühlen sich bei einer Betriebstemperatur von über 100 Grad verbrauchs-und verschleissmässig am Wohlsten; dabei würde aber das Kühlwasser bereits sprudelnd überkochen.

Kühlsysteme bei historischen Schnauferlmotoren arbeiten druckfrei, deshalb kocht deren Kühler bei Bergfahrten über. ;-)

Bei unseren heutigen, modernen Motoren verwendet man deshalb den Trick eines künstlich unter Druck gesetzten, geschlossenen Syphon-Kühlsystems:

Das zunächst kalte Kühlwasser dehnt sich bei Erwärmung aus und drückt auf ein Luftkissen im Überdruckbehälter, welches durch ein raffiniertes Zweiwegeventil im Schraubverschluss, (das zwar Luft herein-, jedoch nichtmehr hinauslässt [ausser bei zu grossem, definiertem Überdruck !] ) nicht entweichen kann; dadurch baut sich im gesamten Kühlsystem Druck auf, der dem Kühlwasser ;vorgegaukelt , es herrsche;erhöhter Meereshöhedruck und siehe da, es funktioniert; das Kühlwasser kocht NICHT ! - Jetzt dürfte auch klar sein, warum Kühlwasser bei defektem Schraubverschlussdeckel, (der in Wirklichkeit VIEL MEHR als nur ein einfacher Schraubverschluss ist !) überkocht !?

Frostschutzmittel mit entsprechend Additiven setzt ebenfalls den Siedepunkt der Kühlflüssigkeit herauf, deshalb bitte nie ohne Frostschutzmittelmischung fahren, auch im Sommer nicht !!!

3. Schritt, falls Schritt 2, der Schraubverschluss OK ist:

Bei noch heissem, unter Druck stehenden Kühlsystem bei abgestelltem Motor fasst ein Kenner mit langem Mittelfinger der rechten Hand von unten unter die Wasserpumpenriemenscheibe. Versteckt unter der Riemenscheibe zwischen Scheibe und Wasserpumpengehäuse befindet sich ganz unten das sog. Sollauslaufloch. ( Foto anbei, das Loch kann man aber leider in eingebautem Zustand nicht sehen, da es von der Riemenscheibe komplett verdeckt wird !) Wenn sich nur geringe, grünliche, angenehm süss schmeckende (Zungenspitzenprobe machen !) Tropfen am Sollauslaufloch gebildet haben, oder es gar herausrinnt, ist die Wapu verschlissen und dringend umgehend zu erneuern !!! - Man kann sie NICHT reparieren oder abdichten !



Der relativ geringe, finanzielle Aufwand für eine neue Wasserpumpe (ca. 60 Euro) und die Einbauzeit von ca. einer halben Stunde (nur vom Kenner zu erreichen !) steht in keinem Verhältnis zu wesentlich teureren Folge/Kapitalschäden, die eine defekte, undichte Wapu mit absoluter Sicherheit verursacht !!!

4. Schritt, falls Schritt 3, der Schraubverschlussdeckel und die Wapu OK sind:

Ein Kenner drückt das Kühlsystem ab. (Abdrücken heisst, das gesamte Kühlsystem wird mittels einer Pumpe an einem T-Stück [z.B. am dünnen Kühlwasserschlauch links vom Ausgleichsgefäss] künstlich unter Druck gesetzt.)
Bei dieser Abdrück-Prozedur kann der Fachmann, besonders dann, wenn Verdacht auf defekte Zylinderkopfdichtung oder ZK-Haarrisse besteht, 1. bei laufendem Motor und 2. bei herausgeschraubten Zündkerzen und Anlasserbetätigung ziemlich eindeutig feststellen, wo das Kühlsystem Wasser verliert.
Der häufigste Fall ist z.B. eine zunächst nur leicht, jedoch zunehmend stärker leckende Wasserpumpe, welche man unter Abdrückdruck mittels bereits oben beschriebenem, an das Wapu-Sollauslaufloch unter der Wapu-Riemenscheibe gehaltenem Zeigefinger leicht auf austretende Kühlflüssigkeit prüfen kann.
Ebenso häufig ist ein mürbe gewordener Kühlschlauch, welcher meist am Schlauchbinder tropft, die Leckursache.
Das Kühlsystem kann ein geübter Schrauber notfalls selber abdrücken.

Ich hab mir zu dem Zweck ein T-Stück in den dünnen Zuleitungsschlauch zum Ausgleichsbehälter gebastelt, ein Fahrradventil hineingeschraubt und das Kühlsystem mit der Fahradpumpe o.Ä. aufgeblase.



Ein Foto dieses meines Patentfahrradventil-Tstücke ist beigefügt. Beim Abdrücken sollte UNBEDINGT der Originalverschlussdeckel auf dem Ausgleichsgefäss verbleiben, der hat nämlich ein ebenfalls bereits oben beschriebenes, sehr wichtiges Überdruckventil eingebaut, welches bei zu starkem Aufpumpen zu hohen, schädlichen Überdruck ablässt, damit es keine Kühlerschläuche zerreissst. *g*

PS: Merke: Die meisten, alten Saab 900-Motore, die sonst noch sehr lange gelebt hätten, sterben völlig unnötig vorzeitig an Kühlwasser-oder Ölmangel !!! - Für Getriebe/Getriebeöl gilt dasselbe ! - (Mein Lieblingsthema ! *g*)

Wer weitere Anregungen hat oder mir mailen möchte: Gerd.Barttenbach "ät" web.de Gerd Barttenbach